Genom des europäischen Höhlenfischs vor der Assemblierung

Forschungspartner der Konstanzer Fischökologin Jasminca Behrmann-Godel erhalten den Plant and Animal SMRT Grant 2018, der es ihnen ermöglicht, die Evolution des ersten europäischen Höhlenfischs nachzuvollziehen

Der erste europäische Höhlenfisch wurde 2015 von Höhlentaucher Joachim Kreiselmaier in Süddeutschland entdeckt. Aus der Betrachtung der lokalen geologischen Geschichte und ersten genetischen Analysen schlussfolgerte ein Forscherteam aus Konstanz, Oldenburg und Berlin in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung aus dem Jahr 2017, dass diese spezielle Spezies sich innerhalb von 20.000 Jahren von an der Oberfläche lebenden Artgenossen abgrenzte.

PD Dr. Jasminca Behrmann-Godel vom Limnologischen Institut der Universität Konstanz, Prof. Dr. Arne Nolte vom Institut für Biologie und Umweltwissenschaften der Universität Oldenburg sowie Assistant Professor Fritz Sedlazeck vom Human Genome Sequencing Center des Baylor College of Medicine in Houston (USA) werden nun bald in der Lage sein, das komplette Genom des Höhlenfischs zu entschlüsseln.

Ihr gemeinsames Forschungsprojekt wird im Bereich der Genomsequenzierung von der kalifornischen Firma Pacific Biosciences (PacBio) und der Firma GENEWIZ aus New Jersey unterstützt, die Arne Nolte und Fritz Sedlazeck mit dem Plant and Animal SMRT Grant 2018 ausgezeichnet haben. Sobald für den Höhlenfisch ein qualitativ hochwertiges Genom assembliert worden ist, können Arne Nolte, Fritz Sedlazeck und Jasminca Behrmann-Godel das Erbgut des jüngst entdeckten europäischen Höhlenfischs auch in vergleichenden Studien weiter erforschen.

Um eine möglichst vollständige und akkurate Assemblierung des Genoms zu gewährleisten, erhalten Arne Nolte und Fritz Sedlazeck Zugang zu neuester Genomsequenzierungstechnologie von PacBio sowie bioinformatischen Support von GENEWIZ. Die Forscher werden unter anderem von einer DNS-Sequenzierungsmethode profitieren, die sich durch „lange Sequenzen und gleichmäßige Repräsentation aller Bereiche des Genoms auszeichnet, was wiederum zu höchster Genauigkeit und Kontiguität führt. Beides ist enorm wichtig für eine möglichst vollständige und akkurate Sicht auf das Genom.“ Laut Arne Nolte „kann das Erbgut des Höhlenfischs damit sehr schnell assembliert und analysiert werden. Bislang war das für die meisten Spezies undenkbar.“

Für Jasminca Behrmann-Godel spielt die Assemblierung des Genoms „eine zentrale Rolle beim genetischen Vergleich zwischen Höhlenfischen und an der Oberfläche lebenden Artgenossen.“ Sie und ihre Kollegen sind dabei besonders an genetischen Veränderungen interessiert, die für verschiedene morphologische Anpassungen des europäischen Höhlenfischs verantwortlich sind, zum Beispiel für seine degenerierten Augen, größeren Nasenlöcher und die verringerte Pigmentierung.

Aber es geht nicht nur darum, die verschiedenen genetischen Abweichungen zu identifizieren, die den Höhlenfisch von seinen an der Oberfläche lebenden Verwandten unterscheiden, oder darum, die evolutionär bedingten Veränderungen an seinem Sinnessystem nachzuvollziehen. Fritz Sedlazeck freut sich auch darauf, das Erbgut des ersten europäischen Höhlenfischs mit dem mexikanischen Höhlenfisch Astyanax mexicanus vergleichen zu können: „Das Ergebnis dieser Studie wird es uns ermöglichen, die initialen Schritte zu verstehen, welche zur Evolution der Höhlenfische geführt haben.“

Der jüngst entdeckte Höhlenfisch, eine Schmerle der Gattung Barbatula, kommt in den unterirdischen Karstsystemen der Donau-Aach-Region in Süddeutschland vor. Die Forscher nehmen an, dass diese Tiere ihren Lebensraum erst nach der letzten Eiszeit unter die Erde verlegten und erst dadurch zu Höhlenbewohnern wurde. Er ist der einzige bekannte Höhlenfisch Europas und der am Nördlichsten lebende Höhlenfisch überhaupt.

Damit PacBio und GENEWIZ das Genom des europäischen Höhlenfischs in den Vereinigten Staaten assemblieren können, wird Arne Nolte DNA-Proben von Fischen, die Joachim Kreiselmaier gesammelt hat und die danach von Jasminca Behrmann-Godel vom Limnologischen Institut der Universität Konstanz betreut wurden, in die USA schicken.

Faktenübersicht:

  • Forschungspartner der Konstanzer Fischökologin PD Dr Jasminca Behrmann-Godel, die zusammen den ersten bekannten europäischen Höhlenfisch erforschen, erhalten den Plant and Animal SMRT Grant 2018.
  • Die Preisträger sind Prof. Dr. Arne Nolte vom Institut für Biologie und Umweltwissenschaften der Universität Oldenburg und Assistant Professor Fritz Sedlazeck vom Human Genome Sequencing Center des Baylor College of Medicine in Houston (USA).
  • Der im Förderpreis enthaltene Zugang zur neusten Genomsequenzierungstechnologie wird von der kalifornischen Firma Pacific Biosciences, der Support von der in New Jersey ansässigen Firma GENEWIZ bereitgestellt.
  • Der Zugriff auf ein vollständiges Genom wird Dr. Behrmann-Godel und ihre Kollegen in die Lage versetzen, das Erbgut des europäischen Höhlenfischs sowohl mit dem seiner an der Oberfläche lebenden Verwandten als auch mit dem anderer bekannter Höhlenfische, wie dem mexikanischen Höhlenfisch zu vergleichen.