Zellfäden der rotgefärbten Burgunderblutalge in mikroskopischer Aufnahme.

Veränderungen im Ökosystem Bodensee

Limnologen der Universität Konstanz dokumentieren Auftreten der Burgunderblutalge im Bodensee

Wie Wissenschaftler des Limnologischen Instituts der Universität Konstanz beobachtet haben, spielen sich augenblicklich Veränderungen in der Lebensgemeinschaft des Bodensees ab. Die Biologen verzeichnen ein seit 2015 verstärktes Auftreten von Planktothrix rubescens, einem Bakterium, das aufgrund seiner weinroten Färbung auch Burgunderblutalge genannt wird. Für die Nutzung des Sees sehen die Wissenschaftler aktuell keine Gefahr, empfehlen aber, die Entwicklung der Burgunderblutalge im Auge zu behalten.

Seit rund 30 Jahren nehmen die Konstanzer Limnologen regelmäßig Proben aus verschiedenen Wassertiefen des Überlinger Sees zwischen Wallhausen und Überlingen. Anhand dieses Datensatzes lassen sich die Entwicklungen in der Lebewelt des Sees verfolgen und erforschen.

Planktothrix rubescens gehört zu den Cyanobakterien, die wegen ihrer meist bläulich-grünen Färbung auch Blaualgen genannt werden. „In den 1970er und 1980er Jahren gab es durch die hohe Phosphatbelastung (Eutrophierung) des Bodensees starke oberflächliche Blaualgenentwicklungen, die unschön und – weil potenziell giftig und allergieauslösend – für die Freizeitnutzung des Sees abträglich waren. Diese typischen Eutrophierungsfolgen sind glücklicherweise schon seit einiger Zeit nicht mehr zu beobachten“, informiert Prof. Dr. Karl-Otto Rothhaupt, Professor für Limnologie an der Universität Konstanz.

Planktothrix rubescens hat hingegen eine andere ökologische Nische. Die Burgunderblutalge ist an Schwachlicht angepasst und mit ihren auffällig roten Pigmenten besonders gut in der Lage, die Lichtwellenlängen zu nutzen, die am tiefsten ins Wasser eindringen. Dementsprechend schichtet sich Planktothrix im Bodensee in mittleren Wassertiefen von 15 bis 20 Metern ein und ist von der Oberfläche aus in der Regel nicht zu bemerken. Allerdings kann während der winterlichen Durchmischungsphase des Sees die rote Färbung bis an die Oberfläche dringen, was in einigen Voralpen-Seen wie dem Zürichsee oder dem Ammersee beobachtet wurde und zum Teil Besorgnis auslöste.

Warum die Burgunderblutalge, die bisher im Bodensee nicht auffällig war, jetzt plötzlich im Mittelwasser Blüten bildet, wird nun erforscht. „Wie auch das überraschende starke Auftreten der Stichlinge im Jahr 2015 zeigt, scheint die Lebensgemeinschaft des Bodensees derzeit im Wandel zu sein, weshalb die Entwicklungen weiterhin sorgsam beobachtet werden sollten“, schildert Karl-Otto Rothhaupt.

Zwar kann auch Planktothrix rubescens Giftstoffe bilden, jedoch stellt die Burgunderblutalge nach Ansicht der Wissenschaftler aufgrund ihres Vorkommens im Mittelwasser derzeit keine Gefährdung für die menschliche Nutzung des Sees dar. Die Freizeitnutzung findet in höheren Wasserschichten, an der Oberfläche, statt und die Trinkwasserentnahme erfolgt tiefer, in 50 bis 60 Metern Tiefe. „Im Sinne der Sicherheit der Trinkwasserentnahme und der menschlichen Gesundheit sollte man die Entwicklung jedoch im Auge behalten“, so Rothhaupt.

Faktenübersicht:

  • Das Limnologische Institut der Universität Konstanz dokumentiert seit 30 Jahren durch regelmäßige Wasserproben das Ökosystem des Bodensees.
  • Cyanobakterien, darunter Planktothrix rubescens, wurden aufgrund ihrer physiologischen Eigenschaften früher fälschlich den Algen zugerechnet. Daher werden sie noch heute häufig „Blaualgen“ genannt. Biologisch gehören sie jedoch zur Domäne der Bakterien.
  • Cyanobakterien sind zur Photosynthese unter Freisetzung von Sauerstoff („oxygene Photosynthese“) fähig.
  • Planktothrix rubescens kann prinzipiell Giftstoffe ausbilden, bei einer massenhaften Vermehrung könnten Gefährdungen entstehen. Die Ansiedlung der Burgunderblutalge im Bodensee befindet sich in mittleren Wassertiefen von 15 bis 20 Metern, die weder für die Freizeitnutzung noch zur Trinkwasserentnahme genutzt werden.
  • Planktothrix rubescens kann eine rötliche Verfärbung des Wassers verursachen.