Prof. Dr. Max M. Tilzer
Aquatische Ökologie
Fachbereich Biologie
Universität Konstanz
D-78457 Konstanz

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    Wo nicht anders vermerkt, richten sich die hier zusammengefassten Vorträge an ein wissenschaftliches Publikum. Es bestehen zum Teil inhaltliche Überschneidungen zwischen einzelnen Vorträgen.

„Die Primärproduktion durch oxigene Photosynthese:
Eine der bedeutendsten Durchbrüche im Verlaufe der Evolution der Biosphäre“

In ihrer Frühzeit war die Entwicklung des Lebens auf der Erde durch den Mangel an organischem Material und an Energie begrenzt: Es konnten lediglich organische Moleküle genutzt werden, welche durch nicht-biologische Prozesse synthetisiert worden waren. Wahrscheinlich stammte ein nicht unbeträchtlicher Teil von ihnen aus dem interstellaren Raum und gelangte durch Meteoriten und Kometen auf die Erde. Für die Energiegewinnung mit Hilfe von oxidativen Prozessen standen nur in geringem Maße terminale Elektronacceptoren zur Verfügung, da die Ur-Atmosphäre sauerstofffrei war.
Nach dem Auftreten der ersten autotrophen Bakterien konnte durch die Biosphäre selber organisches Material durch die Reduktion von Kohlendioxid zu organischen Molekülen synthetisiert werden. Die ersten photosynthetischen Organismen waren aber auf Schwefelwasserstoff und andere reduzierte Moleküle als primäre Elektrondonatoren für die Reduktion von Kohlendioxid zu organischem Material angewiesen. Elektronendonatoren waren aber trotz des Fehlens von molekularem Sauerstoff nur in begrenztem Umfange verfügbar. Außerdem bestand der Mangel an terminalen Elektronacceptoren weiter. Wahrscheinlich bereits vor mindestens 3,5 Milliarden Jahren entwickelten sich aber mit den Stromatolithen die ersten Cyanobakterien-Lebensgemeinschaften, welche ihren Bedarf an Elektronen durch die Spaltung von Wasser zu decken vermochten. Dies war nur durch die Serienschaltung zweier Photosysteme und die Entwicklung von Enzymsystemen möglich, welche das überaus stabile Wassermolekül zu spalten vermochten. Als Abfallprodukt dieses Prozesses entstand molekularer Sauerstoff.
Dennoch dauerte es annähernd eineinhalb Milliarden Jahre, ehe die ersten Spuren von molekularem Sauerstoff in der Atmosphäre auftraten. Dies war darauf zurückzuführen, daß der meiste Sauerstoff beim Abbau der neu gebildeten organischen Substanz wieder verbraucht wurde. Nur ein kleiner Bruchteil des organischen Materials blieb unzersetzt und lagerte sich in Sedimenten ab. Der diesem Anteil entsprechende Sauerstoff wiederum wurde zum überwiegenden Teil für die Oxidation von Mineralien an der Erdoberfläche verbraucht, lediglich etwa 2 % konnten in der Umwelt verbleiben.
Das erste Auftreten von freiem Sauerstoff in der Atmosphäre vor 2,1 Milliarden Jahren fällt zeitlich annähernd mit den ersten einzelligen Eukaryonten zusammen, welche heute zum überwiegenden Teil ihren Energiebedarf durch aeroben Stoffwechsel decken. Der Verlauf der Zunahme des molekularen Sauerstoffs in der Atmosphäre ist nicht gut belegt, doch wird angenommen, daß dieser in Pulsen erfolgt ist. Bis zum Auftreten der ersten mehrzelligen Tiere vergingen jedenfalls noch mindestens eine Milliarde Jahre. Dies kann durch den im Vergleich zu einzelligen Organismen erhöhten Energie- und dementsprechend auch Sauerstoffbedarf mehrzelliger Organismen erklärt werden. Erst vor etwa 700 Millionen Jahren entfaltete sich mit der Ediacara Fauna die erste umfangreiche Gemeinschaft mehrzelligen Tiere. Diese hatte blattartig dünne Körper, was als Anpassung im Sinne einer Oberflächenvergrößerung zur Intensivierung des Gasaustauschs interpretiert werden kann.
Vor etwa 400 – 500 Millionen Jahren hatte dann der Sauerstoffgehalt annähernd seinen heutigen Wert erreicht. Um diese Zeit eroberten zuerst die Pflanzen und danach die Tiere das Land. Es ist naheliegend zu vermuten, daß die Eroberung des Landes erst möglich wurde, nachdem sich in der Stratosphäre eine Ozonschicht aufgebaut hatte, welche bis heute den überwiegenden Teil der schädigenden Ultraviolettstrahlung der Sonne abschirmt.
Die Eroberung des Landes durch Pflanzen und Tiere war ein entscheidender Wendepunkt in der Entwicklung des Lebens auf der Erde. Innerhalb einer für geologische Maßstäbe relativ kurzen Zeit überflügelte die Primärproduktion auf dem Lande jene der Ozeane, und es entwickelten sich üppige Steinkohlenwälder. Die Überlegenheit der Primärproduktion auf dem Lande gegenüber jener im Wasser ist vor allem durch die günstigere Energieversorgung der photosynthetischen Organe zurückzuführen. Dabei spielen zwei Faktoren eine Rolle. (1) Auch in reinem Wasser wird rotes Licht stark absorbiert, es steht daher nur blaues Licht zur energetischen Nutzung zur Verfügung. (2) Wasser ist im Vergleich zu Luft viel stärker getrübt. Aus diesem Grunde können in den meisten aquatischen Lebensräumen nur Bruchteile der einfallenden Strahlung durch photosynthetische Pigmente absorbiert und energetisch genutzt werden. Eine geschlossene Vegetationsdecke hingegen absorbiert fast das gesamte auf sie einfallende Licht.
Es wird angenommen, daß der atmosphärische Sauerstoffgehalt während der letzten 400 Millionen Jahre vergleichsweise stabil geblieben ist. Zwei Mechanismen werden dafür verantwortlich gemacht: (1) Sauerstoff hemmt die mikrobielle Fixierung von atmosphärischem Stickstoff. Daher wird die Primärproduktion unter stark oxidierenden Bedingungen durch den Mangel an biologisch nutzbarem Stickstoff begrenzt. (2) Hohe atmosphärische Sauerstoff-Partialdrucke führen zur spontanen Entzündung von organischem Material und damit zu einem Verbrauch von Sauerstoff. Es gibt allerdings indirekte Hinweise darauf, daß zumindest während der Steinkohlenzeit infolge der hohen Primärproduktion der Steinkohlenwälder, höhere atmosphärische Sauerstoff-Partialdrucke geherrscht haben müssten als heute. Zu dieser Zeit gab es nämlich Insekten mit Flügelspannweiten von bis zu 60 cm. Die heutigen Fluginsekten sind wesentlich kleiner. Ein wichtiger Grund dafür ist wahrscheinlich, daß größere heutige Formen ihren hohen Sauerstoffbedarf für die Energiegewinnung durch das relativ ineffiziente Tracheensystem nicht decken könnten.

Der derzeitige Sauerstoff-Partialdruck von knapp 21 % ist wahrscheinlich ideal für die Entwicklung und Entfaltung des Lebens auf den Kontinenten und im Ozean. Er ist das Ergebnis einer Vielzahl von biogeochemischen Prozessen, an deren Beginn die Spaltung des Wassermoleküls im Zuge der Photosynthese der ersten Cyanobakterienmatten in Flachmeeren stand. Diese Lebensgemeinschaft hat sich in der Shark Bay im Westen Australiens bis zum heutigen Tage erhalten.

„Begrenzen Nährsalze oder die Versorgung mit Energie die Produktivität des Ozeans?
Das Rote Meer und der Antarktische Ozean als extreme Fallstudien“


Das Minimum-Gesetz besagt, daß jene Ressource die biologische Produktivität bestimmt, deren Verfügbarkeit am weitesten hinter den Ansprüchen der Organismen zurücksteht. Im Allgemeinen begrenzt die Versorgung mit Nährsalzen die Akkumulation von Biomasse (Ertragslimitation), während die Wachstums-geschwindigkeit durch die Versorgung mit Energie bestimmt wird (Ratenbegrenzung). In den meisten marinen Ökosystemen ist die Energieversorgung während des Sommers reichlich, wodurch die komplette Aufzehrung des am wenigsten verfügbaren Nährsalzes, meistens Stickstoff, in der Deckschicht erfolgt. Im Gegensatz dazu führt die winterliche Durchmischung, welche nährsalzreiche tiefere Wasserschichten erfaßt, zum Eintrag von Pflanzennährstoffen, die jedoch infolge der geringeren Verfügbarkeit von Strahlungsenergie nicht durch das Phytoplankton aufgezehrt werden können. In diesem Falle ist daher auch der Wachstumsertrag durch die Energieversorgung begrenzt. Die Frage der Kontrolle der Produktivität des Ozeans ist aus zweierlei Gründen von großem Interesse: (1) Einschätzung des Potentials der Nutzung mariner Lebender Ressourcen für die Verbesserung der Welt-Ernährung und (2) bessere Quantifizierung der Rolle des Ozeans als globale Kohlendioxidsenke.

Der Golf von Aqaba am nördlichen Ende des Roten Meeres kann als Fallstudie für ein primär nährstoffbegrenztes System herangezogen werden. In den meisten Jahren ist die Strahlungsenergieversorgung auch während der Wintermonate so hoch, daß Nitrat in der bis in größere Tiefen durchmischten Wasserschicht durch den Aufbau einer Phytoplanktonblüte völlig aufgezehrt werden kann. Diese tritt in der Regel bereits während der Durchmischungsphase, und nicht erst nach der Stabilisierung der Wassersäule infolge der Erwärmung der oberflächennahen Wasserschichten auf. Hohe Sonnenergieinputs und die erhebliche Transparenz des Wassers sind für die hohe Energieversorgung des Phytoplanktons verantwortlich. Wegen der starken interannuellen Schwankungen in der winterlichen Abkühlung und dementsprechend auch der Durchmischungstiefe während der kühlen Jahreszeit, gelangen aber unterschiedliche Nährstoffmengen in die Deckschicht. Dementsprechend erreicht die Biomasse des Phytoplanktons von Jahr zu Jahr unterschiedliche Maximalwerte. Nur wenn die winterliche Durchmischungstiefe 350 m überschreitet, welches nur während ungewöhnlich kühler Jahre der Fall ist, reicht die Energieversorgung für eine komplette Aufzehrung der Nährstoffe innerhalb der durchmischten Wasserschicht nicht mehr aus. Als Folge kann in außergewöhnlich kühlen Jahren die Phytoplankton-Biomasse trotz stark erhöhter Nährsalzzufuhr während der Durchmischung infolge von Energiebegrenzung nicht weiter ansteigen.

Seit Jahren wurde vermutet, daß die Energieversorgung des Antarktischen Ozeans während des kurzen Sommers nicht ausreicht, um eine komplette Aufzehrung der Nährstoffe für den Aufbau von Biomasse zu ermöglichen (HNLC-Region). Da aber auch der Äquatoriale Pazifik und der Zentrale Nordpazifik HNLC-Regionen darstellen, kann die geringe Energieversorgung nicht die einzige Erklärung für dieses Muster sein. Eisendüngungsexperimente im Äquatorialen Pazifik und in jüngerer Zeit auch im Südlichen Ozean legen die Vermutung nahe, daß auch im Südlichen Ozean Eisenbegrenzung zumindest als zusätzlicher Mechanismus für die Kontrolle des Primärproduktionsprozesses in Betracht gezogen werden muß.

Die Ergebnisse dieser beiden Fallstudien können als Grundlagen für zwei bestehende Hypothesen zur Erklärung der synchronen Schwankungen von Lufttemperatur und atmosphärischem Kohlendioxyd-Partialdruck während der Glazial-Interglazial-Zyklen der letzten 900.000 Jahre dienen, die vor allem aus dem Vostok-Eisbohrkern aus der Antarktis nachgewiesen werden konnten:
1) Die Durchmischungstiefen-Hypothese, welche vermutet, daß tiefe Durchmischung während der Glazialperioden zu einer verstärkten Zufuhr von Nährsalzen in die euphotische Zone geführt hat und dementsprechend zu einer Erhöhung der Primärproduktion.
2) Die Eisenstaub-Hypothese, welche besagt, daß Eisendüngung durch Einwehen von Staub während der Vereisungsperioden, die sich auch durch geringere Niederschlagsmengen auszeichnen, zu einer Produktivitätssteigerung des Ozeans geführt hat.
Beide Szenarien könnten eine Intensivierung der biologischen Kohlenstoffpumpe während kalter Perioden erklären: Durch gesteigerte Primärproduktion wird während der Glazialperioden mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufgenommen und gebundener Kohlenstoff durch Sinkstoffflüsse aus der Deckschicht entfernt. Die beiden Hypothesen schließen sich nicht gegenseitig aus.

Süßwasser:
Erneuerbar und doch nicht unerschöpflich

Dieser Vortrag richtet sich in erster Linie an eine breitere Öffentlichkeit und an politische Entscheidungsträger

Etwa 1,2 Milliarden Menschen steht zu wenig Süßwasser von ausreichender Qualität zur Verfügung. 50 % der Weltbevölkerung verfügt über keine hygienischen Toiletten und nur etwa 5 % des Abwassers weltweit werden gereinigt. Jährlich sterben 5 Millionen Menschen an Krankheiten im Zusammenhang mit unzureichender Versorgung mit Süßwasser. Das ungebremste Bevölkerungs-wachstum (jährliche Zunahme um 82,6 Millionen Menschen), die zunehmende Disparität zwischen den reichen und armen Ländern sowie der globale Klimawandel verschärfen das Süßwasserproblem laufend.
Obwohl Wasser eine erneuerbare Ressource darstellt, ist seine Verfügbarkeit begrenzt, und zwar vor allem aus den folgenden Gründen: (1) Lediglich durch den Wasserkreislauf erneuertes Wasser kann nachhaltig genutzt werden. (2) Das erneuerbare Wasserpotential (Niederschläge minus Verdunstung) schwankt regional innerhalb weiter Grenzen: Gebieten mit Wasserüberschuß stehen andere mit akutem Wassermangel gegenüber. (3) Die regionalen Disparitäten entstehen vor allem, weil sich die klimabedingte regionale Verteilung des Wasserdargebots nicht mit dem von der Bevölkerungsdichte abhängigen Wasserbedarf deckt. Die Verfügbarkeit von weniger als 1.000 Kubikmetern pro Person und Jahr wird als nicht mehr ausreichend erachtet. (4) Im Gegensatz zur Elektrizität kann Trinkwasser nicht über große Entfernungen transportiert werden. Der Wasserbedarf muß daher lokal gedeckt werden. (5) Die Wasserqualität ist in der Regel in Wassermangelgebieten am schlechtesten und die Effizienz der Wassernutzung ist in Gebieten mit unzureichender Wasserversorgung meist am geringsten.


1. Wasserfunktionen und Wassernutzungen:

Wasser hat mehrere Funktionen, deren Sicherstellung manchmal im Konflikt miteinander steht: (1) Lebenserhaltungsfunktion als Trinkwasser sowie für die Erzeugung von Lebensmitteln, (2) Lebensraumfunktion für Süßwasserorganismen, (3) Regelungsfunktion als steuernder Faktor des globalen und regionalen Klimas sowie (4) verschiedene Nutzungsfunktionen, vor allem im Zusammenhang mit der Gewinnung von lebenden Ressourcen und der Nutzung von Gewässern als Verkehrswege.
Die verschiedenen Wassernutzungen stellen überdies unterschiedliche Anforderungen an die Wasserqualität: Im weltweiten Durchschnitt werden nur 8 % des Süßwassers als Trink- und Hygienewasser genutzt: Hier bestehen die höchsten Qualitätsanforderungen. 70 % des Süßwassers dient für die künstliche Bewässerung mit insgesamt geringeren Qualitätserfordernissen, und 22 % des Süßwassers werden für die Industrie mit stark unterschiedlichen, jedoch meist vergleichsweise geringen Qualitätsanforderungen benötigt. Werden die jeweiligen nutzungs-spezifischen Wasserqualitätsanforderungen nicht erreicht, verringert sich die verfügbare Menge an nutzbarem Süßwasser. Die relativen Anteile für die verschiedenen Nutzungsformen zeigen große regionale Unterschiede, vor allem in Abhängigkeit von klimatischen und sozioökonomischen Randbedingungen.

2. Anthropogene Eingriffe und ihre Folgen:

Anthropogene Beeinflussungen der Süßwasserressourcen und ihrer Funktionen umfassen Eingriffe in den Wasserhaushalt und Beeinträchtigungen der Integrität von Gewässerökosystemen.
Die folgenschwersten Eingriffe in den Wasserhaushalt sind die Errichtung von großen Stauseen und die exzessive Nutzung von Wasser für die künstliche Bewässerung. Beides hat insbesondere in Gebieten mit trockenem Klima durch Erhöhung von Verdunstungsverlusten starke Auswirkungen auf den Wasserhaushalt ausgedehnter Gebiete. Als Folge kommt es zu Wassermangel und zum Schwund von stehenden Gewässern, verbunden mit starker Versalzung. Beides wirkt sich auch stark auf die Struktur der betroffenen Ökosysteme aus.
Die Degradation natürlicher Gewässerökosysteme erfolgt vor allem durch die Zufuhr von Nährsalzen (Eutrophierung) und von Fremdstoffen (Verunreinigung). Die Beeinträchtigung der Ökosystemfunktionen hat eine Verringerung der Nutzbarkeit von Gewässern zur Folge. Dies betrifft vor allem die Nutzung von Oberflächengewässern als Trinkwasserreservoire und für die Binnenfischerei. Auch die Erholungsnutzung ist meist stark betroffen.

3. Wasser und Gesundheit:

Zahlreiche Krankheiten sind direkt mit der Wasserqualität verknüpft.
Parasitäre Erkrankungen: Eine erhebliche Rolle spielen vor allem in tropischen Ländern pathogene Organismen, die einen Teil ihres Lebenszyklus im Wasser vollführen. Im Jahr 2003 waren weltweit etwa 300 Millionen Menschen an Malaria erkrankt, 80 % davon in Afrika südlich der Sahara. Die Zahl der Todesopfer betrug 3 Millionen, Kinder unter 5 Jahren waren besonders schwer betroffen. Die Bekämpfung der Malaria zielt sowohl auf den Erreger, als auch auf die Prophylaxe und Behandlung betroffener Patienten ab. Beides erweist sich als überaus schwierig: Die Bekämpfung der Malariamücke erfordert den Einsatz von DDT und gefährdet auch andere Wasserorganismen. Die Behandlung von an Malaria erkrankten Menschen führt zur Resistenzbildung der Erreger.
Infektionskrankheiten durch verunreinigtes Wasser (wasserbürtige Krankheiten): Diese umfassen virale Infekte und bakterielle Epidemien. Unter letzteren spielt Typhus mit weltweit 17 Millionen Krankheitshaltsfällen und 600.000 Toten pro Jahr die größte. Präventive und kurative Maßnahmen wasserbürtiger Infektions-krankheiten sind prinzipiell erfolgversprechend. Erforderliche Strategien sind die Verbesserung der Hygiene sowie einfache Behandlungsmethoden, die auch in stark unterentwickelten Ländern anwendbar wären.

4. Leitbilder für die Lösung der Süßwasserkrise:

Zur Sicherung einer nachhaltigen Nutzung der vorhandenen Süßwasser-ressourcen zur Deckung des weltweiten Wasserbedarfs sind die folgenden Leitbilder zu verwirklichen: (1) Ausschließliche Nutzung des durch den natürlichen Wasserkreislauf erneuerten Wassers (erneuerbares Wasserpotential), (2) Maximierung der Nutzungseffizienz von Süßwasserressourcen. Da im weltweiten Durchschnitt 70 % des Süßwassers für die Bewässerung genutzt wird, besteht hier das größte Einsparungspotential. (3) Definition von nutzerspezifischen Wasserqualitätsstandards: Vor allem für Trinkwasser müssten weltweite Mindeststandards verbindlich festgelegt und eingehalten werden. (4) Erhöhung der hygienischen Standards bei der häuslichen Abwasserentsorgung und -reinigung zur Vermeidung wasserbürtiger Infektionskrankheiten und schließlich (5) die Sicherung der Lebensraumfunktionen von Gewässerökosystemen.

Die Versorgung mit Süßwasser in ausreichender Menge und von ausreichender Qualität gehört zu den fundamentalen Menschenrechten. Wegen der erheblichen Gefahr von internationalen Konflikten um Wasserressourcen ist die Sicherung der Süßwasserversorgung in Wassermangelgebieten ein Beitrag zur Friedenssicherung.

„Die Bedrohung des Weltozeans durch den Menschen“

Dieser Vortrag richtet sich in erster Linie an Studierende

Der Weltozean bedeckt 71% der Erdoberfläche und ist mit einer durchschnittlichen Tiefe von 3,8 km der größte Lebensraum der Erde. Außerdem besitzt der Ozean eine zentrale Bedeutung für globale Stoffkreisläufe und die Steuerung des Klimas. Fast 40% der Weltbevölkerung lebt an Küsten. Der Ozean ist der wichtigste Transportweg für die Schifffahrt und eine bedeutende Nahrungs- und Rohstoffquelle.
Primäre Auslöser der Gefährdung des Ozeans, wie der globalen Umwelt überhaupt, sind das Wachstum der Weltbevölkerung (1,33 % pro Jahr), die Zunahme des Pro- Kopf-Ressourcenverbrauchs (ca. 4 % pro Jahr), die Zunahme der weltweiten Stoffströme durch Globalisierung des Welthandels, und der Globale Klimawandel. Diese Eingriffe gefährden den Ozean nicht nur als Natur- und Lebensraum, sondern sie schränken auch seine Nutzbarkeit durch den Menschen ein.

1. Die Belastung des Ozeans durch den Menschen:

Die anthropogenen Belastungen des Ozeans können wie folgt zusammengefasst werden. Besonders schwer sind dabei küstennahe Bereiche von den negativen Auswirkungen betroffen.
Beeinträchtigung von Ökosystemfunktionen durch Schadstoffe (Verschmutzung) oder Überdüngung (Eutrophierung).
Übernutzung der Fischbestände der Hochsee durch nicht nahhaltige Befischung.
Verklappung von Abfallstoffen einschließlich radioaktivem Abfall in der Tiefsee.
Verdrängung einheimischer Arten durch die Einführung fremder Arten (Hauptursache: Lenzen von Ballastwasser).
Gezielte Beseitigung (Konversion) von Küstenökosystemen, vor allem durch Baumaßnahmen für menschliche Nutzungen (Industrialisierung, Urbanisierung, Aquakultur).
Gefährdung von Küstenökosystemen durch Ölverschmutzung als Folge von Tankerunfällen.
Zerstörung von küstennahen Regionen durch den zu erwartenden Meeresspiegelanstieg.
Gefährdung von Korallenriffen und Mangroven als Folge der globalen Erwärmung und ihrer Übernutzung sowie durch den Tourismus.

2. Weltweiter Schutz der Meere:

Der weltweite Schutz der Ozeane kann nur durch internationale Maßnahmen sichergestellt werden. Die Teilung der Verantwortlichkeiten in Hoheitsgewässer (nationale Souveränität) und internationale Gewässer (Hochsee) erschwert die Koordination des internationalen Meeresumweltschutzes. Dabei sind die folgenden Aspekte besonders zu beachten:
Die Gefährdung von Küstengewässern (nationale Hoheitszonen) fällt in nationale Souveränitäten, kann sich aber auf internationale Gewässer auswirken.
Der Schutz und die Nutzung internationaler Gewässer kann nur durch internationale Abkommen geregelt werden.
Kosten für den Schutz der Hochsee können nur international getragen werden
Wegen des Potentials der küstenseitigen Gefährdung internationaler Gewässer muß auch der Schutz von Küstengewässern international geregelt werden.

Nur verbindliche und verifizierbare internationale Abkommen sowie eine durch die Vereinten Nationen getragene Organisation (International Maritime Organisation) können den Schutz und die nachhaltige Nutzung der Meere durch die Weltgemeinschaft sicherstellen.

„Die Sechste Auslöschung:
Der Mensch als Auslöser eines Arten-Massensterbens von geologischen Proportionen“


Im Verlaufe der Erdgeschichte kam es immer wieder zu Massenauslöschungen von biologischen Arten, die in den extremsten Fällen möglicherweise den Fortbestand der gesamten Biosphäre in Frage gestellt haben. Die Ursachen der meisten Massen-extinktionen sind nicht im Einzelnen bekannt, besondere Bedeutung besaßen aber vermutlich Vereisungen, vulkanische Deckenergüsse und Asteroidenaufschläge. Wahrscheinlich ist auch, daß in fast allen Fällen rasche und drastische Verschlechterungen in den Lebensbedingungen erfolgt sind, an welche sich zahlreiche Arten nicht anpassen konnten. Daneben spielte auch der Verlust von Lebensraum eine entscheidende Rolle. Nach Beendigung dieser globalen Umweltkrisen entwickelten sich in der Regel zahlreiche neue Arten, welche innerhalb eines Zeitraums von 2 – 5 Millionen Jahren die durch die Auslöschung von Arten freigewordenen ökologischen Nischen wiederbesetzen konnten.

Wir sind Zeugen einer derartigen Massenextinktion, die zum Verlust von schätzungsweise 130 biologischen Arten pro Tag führt. Auslöser dieses Massensterbens von geologischen Proportionen sind wir selber:
Die Ausbreitung der Menschheit hat Auswirkungen, die zur Auslöschung von Arten führen können: Die gravierendsten Einflüsse sind die gezielte Konversion (Umwandlung) und/oder Degradation von Ökosystemen, die beabsichtigte oder ungewollte Einschleppung fremder Arten sowie die Übernutzung lebender Ressourcen.

Die Empfindlichkeit von biologischen Arten gegenüber globalen oder lokalen Umweltkrisen hängt besonders von ihrer Spezialisierung im Hinblick auf ihre Umwelt- und Ressourcenansprüche, ihrer geographischen Verbreitung sowie ihren Reproduktionsraten ab. Die Auswirkungen des Artenschwunds auf Struktur und Funktion von Ökosystemen sind vor allem von der Rolle betroffener Arten innerhalb ihrer natürlichen Lebensgemeinschaften abhängig, im Einzelnen aber häufig noch schwer vorherzusagen.

Als Rechtfertigung für den Schutz von biologischen Arten können ihr Nutzwert für den Menschen, ihr Funktionswert innerhalb von Ökosystemen sowie die Möglichkeit ihrer Nutzbarkeit in der Zukunft (Optionswert) ins Treffen geführt werden. Da wir als einzige biologische Art die Folgen unseres eigenen Tuns abschätzen können, haben wir darüber hinaus die ethische Verpflichtung, biologische Arten auf Grund ihres Eigenwertes vor dem Aussterben zu bewahren.


„Das Wachstum der Weltbevölkerung:
Die größte politische Herausforderung am Beginn des Dritten Jahrtausends“

Dieser Vortrag richtet sich in erster Linie an eine breitere Öffentlichkeit sowie an politische Entscheidungsträger


Im Jahre 1800 betrug die Weltbevölkerung 1 Milliarden Menschen. Während der nachfolgenden 120 Jahre stieg die Bevölkerung auf 2 Milliarden an. Derzeit nimmt die Weltbevölkerung in einem Zehntel dieser Zeitspanne jeweils um eine weitere Milliarde, oder um 82,6 Mio. Menschen pro Jahr (entsprechend etwa der Bevölkerung Deutschlands) zu. Fast 99% des Weltbevölkerungswachstums findet in den armen Ländern des Südens statt. Gleichzeitig werden 80 % der weltweit genutzten Ressourcen in den reichen Industrieländern genutzt, deren Bevölkerung nur 20 % der Weltbevölkerung ausmacht. Der Pro-Kopf-Energieverbrauch kann als grobes Maß für den Gesamt-Ressourcenverbrauch der Bevölkerung eines Landes herangezogen werden. Im weltweiten Durchschnitt liegt der Pro-Kopf-Energieverbrauch bei 2.000 W. Es bestehen jedoch erhebliche regionale Unterschiede. Während in Bangladesch pro Person nur ca. 300 Watt verbraucht werden, beträgt in den USA und Canada der Pro-Kopf-Energieverbrauch über 10 Kilowatt. Die Belastung der Umwelt durch den Menschen hängt im Wesentlichen vom Produkt Bevölkerungszahl x Pro-Kopf-Energieverbrauch ab. Um nachhaltige Entwicklung sicherzustellen, müssen daher beide Faktoren berücksichtigt werden. Dementsprechend unterscheiden sich zielführende Strategien zur Erzielung einer nachhaltigen Entwicklung in Industrieländern und Entwicklungsländern erheblich voneinander.
Die kombinierte Auswirkung von Weltbevölkerungswachstum und zunehmenden Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch ist der wichtigste Antrieb für den vom Menschen ausgelösten globalen Wandel. Dabei treten bereits jetzt vor allem die folgenden Kernprobleme auf: (1) Verlust natürlicher Lebensräume und Aussterben biologischer Arten, (2) durch den Menschen ausgelöster Klimawandel, (3) unzureichende Versorgung der Menschen mit Süßwasser und Nahrung, (4) Energieverknappung.

Infolge der ungleichen geographischen Verbreitung von Bevölkerungswachstum und Reichtum nehmen die regionalen Unterschiede zwischen den reichen und den armen Ländern ständig zu. Es ist nicht zu erwarten, daß der in den Industrieländern während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erfolgte demographische Übergang auch in den Entwicklungsländern zum Tragen kommt.
Das Stadium 1 des Demographischen Übergangs ist durch hohe Geburtenraten bei kurzer Lebenserwartung und demzufolge durch geringes Bevölkerungswachstum gekennzeichnet. Dieses Stadium ist charakteristisch für vor-industrielle Gesellschaften.
Im Stadium 2 des Demographischen Übergangs nimmt dank der Verbesserung der hygienischen Verhältnisse zunächst die Lebenserwartung zu, die Geburtenraten bleiben jedoch weiterhin hoch. Als Folge kommt es zu einer starken Zunahme der Bevölkerung. In Europa und Nordamerika wurde dieses Stadium durch die Industrielle Revolution ausgelöst.
Stadium 3: Durch die Zunahme des allgemeinen Wohlstands kam es in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in den Industriestaaten zu einer starken Verringerung der Geburtenzahlen und damit zu einer Verlangsamung des Bevölkerungswachstums bis zu dessen Stillstand, in einigen Ländern sogar zu einer rückläufigen Entwicklung.
Die meisten Entwicklungsländer befinden sich derzeit im Stadium 2 des Demographischen Übergangs. Aus den nachfolgenden Gründen ist in der Mehrheit der armen Länder ein Übergang zu Stadium 3 des Demographischen Übergangs kurzfristig nicht zu erwarten: (1) In den meisten Entwicklungsländern wächst derzeit die Bevölkerungszahl rascher als das jeweilige Brutto-Inlandsprodukt. Daher nimmt der Wohlstand des Einzelnen ab. Außerdem steigt in vielen Ländern die Anzahl der Analphabeten. (2) Der Vorgang des Demographischen Übergangs vom Stadium 2 zum Stadium 3 benötigt 2-3 Generationen. Er könnte, selbst wenn er jetzt einsetzen würde, nicht kurzfristig zu einer Entspannung der Situation in den armen Ländern führen. (3) Die Auswanderung aus den Industrieländern in noch dünn besiedelte Gebiete verlangsamte im 19.Jh. die Zunahme der Bevölkerungs-dichte in Europa. Trotzdem kam es damals wiederholt zu Hungersnöten (z.B. in Irland). Diese Option steht heute nicht mehr zur Verfügung.

Es muß daher damit gerechnet werden, daß sich die Situation in den armen Ländern des Südens weiter verschärfen wird. Dabei sind vor allem die folgenden Erscheinungen zu erwarten, welche sich besonders in Afrika bereits jetzt abzeichnen:

1. Zunehmende Verknappung von Süßwasser und Nahrungsmitteln,
2. weitere Zunahme der Armut,
3. Massenarbeitslosigkeit,
4. Zunahme von Epidemien und Pandemien,
5. Massenmigrationen aus den armen in die reichen Länder („Wirtschaftsflüchtlinge“)
6. Zunahme politischer und ethnischer Konflikte in den unterentwickelten Ländern, bis hin zum Genocid,
7. Zunahme der Konflikte zwischen den reichen und den armen Ländern („asymmetrische Kriegsführung“ in Form von Terrorismus),
8. weitere Beschleunigung der Zerstörung natürlicher Lebensräume und Verschärfung der Massenauslöschung biologischer Arten,
9. Fortgesetzte und sich verstärkende Beeinflussung des Weltklimas.

Bezüglich der Frage, ob sich die derzeit vor allem in den armen Ländern rasch ausbreitende AIDS-Pandemie kurzfristig auf das Bevölkerungswachstum auswirken wird, herrscht unter Experten keine Einigkeit.

In dieser Situation sind rasche und koordinierte politische Maßnahmen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Situation in den reichen und armen Ländern erforderlich:

1. Die reichen Länder müssen ihren Ressourcenkonsum drosseln und den armen Ländern helfen, ihre eigenen Probleme zu lösen. Die Verringerung des Ressourcenverbrauchs wäre durch Effizienzsteigerung bei der Ressourcennutzung und Änderung verschwenderischer Lebensstile ohne erhebliche Einbußen an Lebensstandard durchaus möglich. Entwicklungshilfe sollte vor allem im Transfer von Know-how und angepaßten Technologien sowie in der Entschuldung der ärmsten Länder bestehen.

2. In den armen Ländern muß so rasch als möglich das rasante Bevölkerungswachstum gedrosselt werden. Voraussetzung für den Erfolg von Maßnahmen der Geburtenkontrolle ist die Berücksichtigung der Menschenwürde sowie der kulturbedingt sehr unterschiedlichen ethischen Positionen in den einzelnen Entwicklungsländern. In allen Ländern jedoch ist die Stärkung der Stellung der Frau in der Gesellschaft wahrscheinlich die wichtigste Voraussetzung für wirksame Maßnahmen mit dem Ziel der kurzfristigen Eindämmung des Bevölkerungswachstums.

Nur bei Verwirklichung aller erforderlicher Maßnahmen kann die Armut dieser Welt wirksam bekämpft und eine nachhaltige Entwicklung als Voraussetzung für das Überleben von Mensch und Biosphäre im 21. Jahrhundert sichergestellt werden. Von allen diesen Voraussetzungen sind wir derzeit noch weit entfernt.


„Die nächste Eiszeit kommt bestimmt
Natürlich sowie durch den Menschen ausgelöste Klimaschwankungen und ihre Folgen.“

Seit 1900 hat die mittlere Erdtemperatur um etwa 1°C zugenommen. Das Jahr 1998 war das wärmste seit 1000 Jahren. Überdies haben sich jahreszeitliche Wetterabläufe in zahlreichen Regionen drastisch verändert. Die globale Erwärmung ist zumindest zum Teil durch den Menschen verursachten Ausstoß von Treibhausgasen (vor allem Kohldioxid und Methan) zurückzuführen. In diesem Vortrag wird die Frage aufgeworfen, ob die globale Erwärmung möglicherweise den Eintritt der nächsten Vereisungsphase verhindern wird, deren Höhepunkt in etwa 60.000 Jahren zu erwarten wäre. Die Antwort soll bereits vorweg genommen werden: Wir werden die Schlussfolgerung ziehen, dass die globale Erwärmung dazu nicht ausreicht.

Das Klima der Erde wird durch die Energiezufuhr von der Sonne, die Wärmebilanz innerhalb der Atmosphäre sowie durch die Umverteilung von Wärme durch die weltweite atmosphärische sowie die ozeanische Zirkulation kontrolliert. Im Verlaufe der Erdgeschichte traten Perioden mit stark unterschiedlichen klimatischen Bedingungen auf. Nur während etwa 3% der gesamten Erdgeschichte war es kalt genug, daß sich in den Polarregionen sowie in Hochgebirgen Gletscher bilden konnten.
Klimaschwankungen im Verlaufe der Erdgeschichte wurden vor allem durch den Einfluß der folgenden Faktoren ausgelöst:
Veränderungen des Energieinputs von der Sonne (der Solarkonstante): Diese sind bedingt durch (1) Änderungen in er intrinsischen Strahlungsemission der Sonne (diese hat im Laufe der Erdgeschichte um ca. 30 % zugenommen) sowie durch (2) Zyklische Veränderungen in wichtigen Bahnelementen der Sonne um die Erde.

Atmosphärische und ozeanische Zirkulationsmuster können sich langfristig durch die Veränderung der Meer- Landverteilung sowie der Entstehung von Gebirgsketten verschieben. Außerdem können sich die Muster, besonders von Meeresströmungen, sehr kurzfristig ändern und zu einer Destabilisierung des Klimas führen.

Der atmosphärische Treibhauseffekt, welcher derzeit zu einer Erhöhung der mittleren Erdtemperatur von –19 auf +15°C führt, kann infolge von Veränderungen des Gehaltes der Erdatmosphäre an Treibhausgasen stark schwanken. Für Veränderungen des Gehalts der Atmosphäre an natürlichen Treibhausgasen sind vor allem Verschiebungen der Massenbilanzen dieser Spurengase zwischen der Atmosphäre auf der einen, dem Ozean und dem Festland auf der anderen Seite, verantwortlich.

Die meisten Klimaforscher nehmen an, daß periodische Veränderungen in wichtigen Elementen der Umlaufbahn der Erde um die Sonne (Milankowitch-Zyklen) für den seit etwa 900.000 Jahren auftretenden Wechsel zwischen Eiszeiten und Warmzeiten mit einer Periodizität von etwa 100.000 Jahren verantwortlich sind. Diese Klimaänderungen können vor allem aus Eisbohrkernen und der Untersuchung von Meeresbodensedimenten rekonstruiert werden.

Seit 1800 hat sich der atmosphärische Kohlendioxidgehalt ungefähr um 30% erhöht, die atmosphärischen Methankonzentrationen haben sich während der selben Zeit verdoppelt. Etwa 50% der zusätzlichen der Atmosphäre freigesetzten Kohldioxidmenge verbleiben in der Atmosphäre. Der Verbrauch fossiler Treibstoffe trägt zu 77% und Veränderungen in der Landnutzung (vor allem Abholzung von Primärwäldern) zu 23% zum Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxidgehaltes bei. Der jetzige atmosphärische Kohlendioxid-Partialdruck ist wahrscheinlich der höchste während der letzten 200.000 – 300.000 Jahre.

Die fortgesetzte globale Erwärmung läßt die folgenden negativen Auswirkungen für den Menschen befürchten:
Verschiebungen in der globalen Verteilung von Temperaturen und Vegetationsgrenzen: Obwohl diese in einigen kalten Regionen durchaus auch positive Folgen hätte, könnte insbesondere das Auftauen von Permafrostböden die Freisetzung zusätzlicher Treibhausgase (Kohldioxid und Methan) zur Folge haben. Dadurch würde sich der derzeitige Erwärmungstrend signifikant verstärken.
Verschiebungen in den regionalen Mustern der Niederschläge: Diese könnten die Zunahme von Niederschlagsmengen in bereits jetzt feuchten Gebieten, aber auch zu einer Abnahme der Niederschlagsmengen in bereits letzt trockenen Gebieten führen. Es wird befürchtet, daß sich der bereits jetzt beobachtete Trend zur Ausdehnung von Wüstengebieten (Desertifikation) durch den Klimawandel noch weiter verstärken wird.
Globaler Meeresspiegelanstieg: Während der letzten 100 Jahre ist der Meeresspiegel durch das Abschmelzen von Gletschereis sowie der Wärmeausdehnung oberflächennaher Ozeanschichten weltweit um 10 – 25 cm gestiegen. Vorhersagen bis zum Jahr 2100 schwanken zwischen 20 und 100 cm. Die Unsicherheit in den Vorhersagen ist vor allem darin begründet, daß der Effekt der Wärmeausdehnung des Ozeanwassers noch schwer abschätzbar ist. Man geht davon aus, daß er zu etwa 50% zum gesamten Meeresspiegelanstieg beiträgt. Wenn alles in den Poleiskappen und den Hochgebirgen gespeicherte Eis schmelzen würde, käme es allein dadurch zu einem Meeresspiegelanstieg um 86m.
Zunehmende Häufigkeit von Extremwetterereignissen und Naturkatastrophen: Je größer ein Naturereignis, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts. Demzufolge ist es schwierig, die häufig als gegeben erachtete Zunahme der Häufigkeit von Extremwetterereignissen mit statistischen Methoden nachzuweisen. Die Verdichtung der Bevölkerung und die Intensivierung der Nutzung potentiell gefährdeter Regionen hat aber nachweislich zu einer Zunahme der Vulnerabilität und damit des Schadenspotentials geführt. Als Folge erhöhte sich in den letzten Jahrzehnten nachweislich die Schadenshöhe und die Anzahl von Todesopfern in der Folge meteorlogisch bedingter Naturkatastrophen wie Stürme und Überschwemmungen.
Destabilisierung des Klimas: Modellrechnungen haben auf die Möglichkeit hingewiesen, daß es infolge der globalen Erwärmung: zu Veränderungen der Meeresströmungen (insbesondere des Golfstromes) kommen könnte. Insbesondere wurde vermutet, dass es infolge der Stabilisierung der Wassersäule in Nordatlantik durch den verstärkten Schmelzwasserzufluß möglicherweise zu einem Unterbleiben des massiven konvektiven Absinkens von kaltem Oberflächenwasser kommen könnte, was zu einem Versiegen des Nordatlantikstroms führen würde. Dies könnte und einer kurzfristigen drastischen Abkühlung in weiten Gebieten Europas führen. Dieses Scenario scheint aber nach den neuesten Modellierungen weniger wahrscheinlich als noch vor kurzer Zeit angenommen.

Das Kyoto-Protokoll 1997 ist ein Versuch, durch politische Maßnahmen den Ausstoß von Treibhausgasen durch die Industrienationen bis zum Jahr 2010 um 5 % gegenüber den Werten von 1990 zu verringern mit dem Ziel, eine weitere globale Erwärmung durch Treibhausgase zu verhindern. Ein großes Manko des Kyoto-Protokolls besteht in dem Ausschluß von Entwicklungsländern mit stark wachsenden Wirtschaftsvolumina, vor allem von China und Indien, aus der Verpflichtung zur Emissionsminderung. Auch die Anrechnung von Kohlendioxidsenken durch Wiederaufforstungsmaßnahmen auf die Verpflichtung zur Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes ist problematisch. Ein positives Element des Protokolls stellt demgegenüber die Möglichkeit des Handels mit Emissionszertifikaten dar. Bis heute ist das Kyoto-Protokoll allerdings noch nicht in Kraft, da es noch nicht von einer ausreichender Anzahl von Staaten ratifiziert worden ist.
Trotz seiner Mängel und den bestehenden Unsicherheiten in Voraussagen der künftigen Klimaentwicklung und seiner Folgen wäre ein Inkrafttreten des Kyoto Protokolls als Maßnahme zum Klimaschutz wünschenswert.

„Gibt es intelligentes Leben auf anderen Sternen ?
oder: Stehen wir vor einer Umkehr der Kopernikanischen Wende“?

Mit der Formulierung des 1543 veröffentlichten Heliozentrischen Weltsystem hat Nicolaus Copernicus einen der größten Paradigmenwechsel in der gesamten Geistesgeschichte eingeleitet. Wesentliches Element dieses neuen Weltbildes ist die Vorstellung von unserer Erde als einer von vielen Welten, außerhalb eines nur gedachten Zentrums des Kosmos und damit der Schöpfung. Es könnte aber sein, daß wir diese Vorstellung werden revidieren müssen und zu der Auffassung zurückkehren, daß unsere Erde eine Sonderstellung im Kosmos einnimmt: Denn alle Versuche, Spuren von gegenwärtigem oder vergangenen Leben auf anderen Planeten des Sonnensystems oder sonst wo zu entdecken, sind bisher fehlgeschlagen. In dem Vortrag werden die Chancen von Leben im Universum sowie die Aussichten, mit fremden Zivilisationen in Kontakt zu treten, nach dem aktuellen Stand unseres Wissens diskutiert.

1. Vorsaussetzungen für die Entstehung von Leben im Universum:
Wenn wir versuchen wollen, auf diese Frage eine Antwort zu finden, haben wir nur die Möglichkeit uns zu fragen, welche Voraussetzungen erfüllt sein mussten, damit sich auf der Erde Leben entwickeln konnte. Danach können wir untersuchen, ob diese Bedingungen auch anderswo erfüllt sind. Als zentrale Arbeitshypothese unterstellen wir dabei, daß zu allen Zeiten und in allen Bereichen des Universums die selben Naturgesetze gegolten haben bzw. gelten (Uniformitarianismus). Die Entstehung von Leben auf der Erde war an zahlreiche Randbedingungen geknüpft: Das Vorhandensein der erforderlichen chemischen Elemente, flüssiges Wasser und biologisch nutzbare Energie. Außerdem mußte feste Oberflächen vorhanden sein, die Temperaturen durften nur innerhalb enger Grenzen schwanken und die Umweltbedingungen mußte für lange Zeiten innerhalb der für Organismen tolerierbaren Grenzen gelegen sein.

2. Die Wahrscheinlichkeit von Leben auf anderen Sternen:
Die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit von außerirdischem Leben kann entweder durch die Definition bewohnbarer Bereiche oder auf Grund von statistischen Verfahren abgeschätzt werden:


Bewohnbare Zonen im Kosmos

Innerhalb des Universums gibt es nur relativ eng umgrenzte bewohnbare Zonen:
- Unser Sonnensystem: Unsere beiden unmittelbaren Nachbarplaneten Venus und Mars sind unwirtliche lebensfeindliche Welten: Auf der Venus gibt es kein Wasser, da dieses durch die intensive Ultraviolettstrahlung der Sonne, die auf der Venus fast doppelt so intensiv ist wie auf der Erde, zersetzt worden ist. Wegen eines extrem hohen Treibhauseffekts infolge der mächtigen Kohlendioxidatmosphäre beträgt die Temperatur an der Oberfläche der Venus ca. 470°C. Mars hingegen hat eine extrem dünne Atmosphäre. Seine Durchschnittstemperatur beträgt –60°C. Es gibt aber gute Hinweise dafür, daß es auf dem Mars früher flüssiges Wasser gegeben hat und es ist nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß es in seiner Frühzeit auf dem Mars primitives mikrobielles Leben gegeben haben könnte. Innerhalb unseres Sonnensystems gibt es demnach nur eine eng umgrenzte „bewohnbare Zone“, und die Erde liegt in ihrer Mitte. Wichtigstes Kriterium für die Bewohnbarkeit von Planeten innerhalb des Sonnensystems ist das Vorhandensein von flüssigem Wasser. Es wird vermutet, daß es auf dem Jupitermond Europa unter einer mächtigen Eisschicht einen ca. 100 km tiefen Ozean gibt. Das Vorhandensein von Leben auf Europa wird derzeit intensiv diskutiert. Es stellt sich allerdings die Frage nach der Energieversorgung für biologische Prozesse. Die Intensität der Sonnenstrahlung ist nur 3,7 % so hoch wie auf der Erde, und die Eisdecke schirmt praktisch alles Licht ab. Auch andere Energiequellen, etwa für chemosynthetische Bakterien, sind nur schwer vorstellbar.
- Unsere Milchstraße: Auch unsere Milchstraße ist nur innerhalb eines kleinen Teils ihres riesigen Gesamtumfangs zumindest theoretisch bewohnbar: Im Zentrum der Galaxis bilden sich ständig neue Sterne und Planetensysteme. Daher ist hier die Gefahr globaler Katastrophen (Kollisionen mit Asteroiden und Kometen) extrem groß. Außerdem herrschen hier hohe Intensitäten harter ionisierender Strahlung, welche Leben unmöglich machen. An der Peripherie der Milchstraße wiederum fehlen die schweren Elemente, welche für die Bildung von Planeten erforderlich sind und die essentiellen Bausteine von Organismen darstellen. Das Sonnensystem befindet sich innerhalb dieser bewohnbaren Zone. Es wird vermutet, daß sich in diesem Bereich etwa 20 % der insgesamt in der Milchstraße vorhandenen 1010 Sterne befinden. Es ist aber keineswegs damit zu rechen, daß alle diese Sterne von bewohnbaren Planeten umkreist werden. Vor allem multiple Sternsysteme, die mindestens 50% aller Fixsterne ausmachen, kommen für die Entwicklung von Leben wegen des Fehlens stabiler planetarer Umlaufbahnen von Planeten nicht in Betracht. Ein anderer wichtiger Faktor ist die Lebensdauer von Sternen. Diese ist umgekehrt proportional der 3. Potenz ihrer Masse, da ihre Energieemission mit der 4. Potenz ihrer Masse zunimmt. Die Lebensdauer von Sternen bestimmt den Gesamtzeitraum, währenddessen sich auf einem Planeten Leben entwickeln und entfalten konnte. Die Sonne hat eine Lebensdauer von ca. 10 Milliarden Jahren, ein Stern mit der zehnfachen Masse aber nur eine von ca. 10 Millionen Jahren. Daher schieden massive Sterne wegen ihrer kurzen Lebensdauer von vornherein für das Leben aus.

Statistische Verfahren:

- Die Drake-Gleichung: Im Jahr 1961 hat der amerikanische Astronom Frank Drake eine Gleichung aufgestellt, welche die Abschätzung unserer Chancen erlauben soll, mit anderen vernunftbegabten Wesen per Funk in Verbindung zu treten. Diese Gleichung berücksichtigt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Leben, vor allem nach den oben genannten Kriterien, welche das Vorhandensein von bewohnbaren Planeten berücksichtigen, sowie die Wahrscheinlichkeit der Entstehung und der Lebensdauer technischer Zivilisationen. Selbst unter der höchst optimistischen Annahme von 5 Millionen derartigen Zivilisationen in unserer Milchstraße wäre die nächste von uns 185 Lichtjahre entfernt. Dies ist in der enormen Größe unseres Milchstraßensystems begründet, dessen Durchmesser etwa 180.000 Lichtjahre beträgt. Eine pessimistische Rechnung, welche vor allem eine kurze Lebensdauer technischer Zivilisationen annimmt (ca. 300 Jahre) kommt zu dem Ergebnis, daß derzeit weniger als 3 derartige Kulturen in unserer gesamten Milchstraße vorhanden sind. Eine Kontaktaufnahme mit diesen ist daher mit Sicherheit auszuschließen.
- Parallele Universen: Nach neuen theoretischen Vorstellungen, basierend auf der homogenen Struktur unseres Kosmos, müßten sich bestimmte Strukturen im All in größeren Abständen, den Gesetzen der Statistik folgend, wiederholen. Dies hätte die Konsequenz, daß auch lebendige Strukturen in bestimmten räumlichen Abständen wiederkehren. Unter der Voraussetzung einer unendlichen Ausdehnung des Kosmos gäbe es dann unendlich viele Welten mit Leben, und unendlich viele Kopien unserer selbst. Diese wären dann allerdings unvorstellbar weit von uns entfernt.

Wenn dies stimmen sollte, könnten wir zwar das kopernikanische Weltbild aufrecht erhalten, mit fremden Intelligenzen in Berührung kommen könnten wir aber dennoch nicht.

„Zeitkonstanten der Entwicklung von Kosmos, Erdsystem, Biosphäre und Mensch“

Die Geschwindigkeiten historischer Prozesse hängen von systemimmanenten Zeitkonstanten der betroffenen Systeme sowie von externen Zeitgebern ab. Bei der Steuerung komplexer Abläufe bestimmt das Zusammenwirken mehrerer Zeitgeber nicht nur die Geschwindigkeit des Gesamtprozesses, sondern in häufig auch seine Richtung.
Man kann zwischen zyklischen (sich wiederholenden) und aperiodischen (gerichteten) Abläufen sowie einmaligen Ereignissen unterscheiden. Zyklische Abläufe sind entweder streng periodisch oder quasi-periodisch. Gerichtete Prozeßabläufe sind dadurch gekennzeichnet, daß das System nicht wieder in seinen Ausgangszustand zurückkehrt. In diese Kategorie gehören die Entwicklung des Universums seit dem Urknall sowie die biologische und zivilisatorische Evolution. Die Geschwindigkeiten gerichteter Abläufe werden oft stark durch positive oder negative Rückkopplungen mitbestimmt.

1. Zeitabläufe in der Entwicklung des Universums (Kosmologie):


Meist wird das Alter der Welt auf 15 Milliarden Jahre geschätzt. Nach dem Standard-Modell der Kosmologie hat die Zeit mit dem Urknall begonnen. Die Ereignisse in der unmittelbaren Folge des Urknalls spielten sich innerhalb extrem kurzer Zeiträume ab; die Ablaufgeschwindigkeiten verlangsamten sich dabei ständig. Als Beginn des Universums, auf das wir unsere Vorstellungen anwenden können, kann jener Zeitpunkt, etwa 300.000 nach dem Urknall, betrachtet werden, zu welchem sich Energie und Materie trennten und das Universum dementsprechend transparent wurde. In den nachfolgenden einmilliarden Jahren bildeten sich die ersten Kugelhaufen, in welchen in den darauffolgenden 10 Milliarden Jahren die schweren chemischen Elemente synthetisiert wurden.

2. Zeitkonstanten der planetaren Evolution und für die Erde relevanter kosmischer Prozesse

:
Der Beginn der Entwicklung des Sonnensystems kann mit dem ersten Auftreten von interstellarem Staub angesetzt werden, aus dem sich anschließend durch gravitationsbedingte Akkretion (Zusammenballung) die Planeten bildeten. Aus dem Verhältnis langlebiger Radioisotope kann der Beginn des Sonnensystems auf zwischen 4.5263 und 4.5609 Milliarden Jahren vor heute sehr genau datiert werden. Die Akkretion des Erdsystems erfolgte danach innerhalb der für geologische Prozesse sehr kurzen Zeit von 30 Millionen Jahren. Wir sind daher über das Alter unserer Erde sehr genau informiert.
Schwankungen in der Solarkonstante (der auf die Außenseite der Erdatmosphäre auftreffenden Sonnenergie) treten aber auch durch streng periodische Veränderungen der Bahnelemente der Erde um die Sonne statt (den Milankowitch-Zyklen), welche Periodizitäten von 100, 40, 23 und 21 tausend Jahren aufweisen und sich gegenseitig überlagern. Auch quasiperiodische Schwankungen in der Aktivität der Sonne führen zu geringfügigen Klimaschwankungen (Klimaoptima und Klimapessima im Holozän).

3. Zeitkonstanten der Steuerung der biologischen Evolution:


Eine Antwort der Biosphäre auf externe Einflüsse ist nur möglich, wenn die Zeitkonstanten möglicher biologischer Anpassungen gleich oder kleiner sind als die Zeitkonstanten der externen Einflußgrößen. Wichtige externe Steuerungsfaktoren für langfristige kontinuierliche Umweltänderungen sind Meeresbodenspreizung und Kontinentaldrift. Sie beeinflussen die atmosphärische und ozeanische Zirkulation und führen zu langfristigen Klimaänderungen, da diese Zirkulationsprozesse für die Umverteilung von Wärme und Niederschlägen verantwortlich sind.
Konstante Mutationsraten im Erbgut von Organismen ließen einen kontinuierlichen Ablauf der Evolution erwarten, wie dies auch Charles Darwin vermutet hatte (Gradualismus). Die durchschnittliche „natürliche Lebenserwartung“ von biologischen Arten beträgt 5 – 10 Millionen Jahre. Die meisten Arten sind relativ kurzlebig, nur wenige Taxa überleben wesentlich längere Zeiträume („lebende Fossilien“). Diese „Hintergrundextinktion“ führt zu einem Gleichgewicht zwischen der Neubildung und dem Aussterben von biologischen Arten. Während solcher Perioden bleibt die Gesamtartenzahl annähernd gleich.
Massenextinktionen treten infolge kurzfristiger Verschlechterungen der globalen Umweltbedingungen oder durch katastrophale Ereignisse mit globalen Auswirkungen (Meteoriteneinschläge und vulkanische Deckenergüsse) auf. Die Eintritts-wahrscheinlichkeit derartiger Ereignisse ist invers mit ihrer Größe korreliert. Als Folge von Massenextinktionen nehmen die Gesamtartenzahlen innerhalb kurzer Zeiträume stark ab. Sie sind wichtigste Auslöser für adaptive Radiationen, durch welche in der Folge von Massenextinktionen unbesetzte Ökologische Nischen durch neu gebildete Arten wiederbesetzt werden. Derartige intensive Entwicklungsphasen erfordern günstige äußere Bedingungen und dauern 2-5 Millionen Jahre. Wegen der großen Bedeutung von Massenextinktionen im Verlaufe der Erdgeschichte wird angenommen, daß sich die Evolution vor allem in kurzen Schüben abgespielt hat, welche lange Perioden mit geringer Artbildungsrate unterbrachen (Punktualismus).

4. Zeitkonstanten der kulturellen und der technisch-zivilisatorischen Entwicklung des Menschen:


Die Entwicklung der Geisteskultur des Menschen zeigt lang anhaltende Aufstiegsphasen, kurze Blüten und einem raschen Verfall. Hochblüten erstreckten sich nicht notwendigerweise auf sämtliche Bereich der Geisteskultur gleichzeitig, wie dies während der Griechischen Antike der Fall war. Der zeitliche Ablauf der Entwicklung der Geisteskultur weist demnach gewisse Ähnlichkeiten mit jenem der biologischen Evolution auf.
Der Ablauf der Entwicklung der materiellen Kultur (Naturwissenschaft und Technik) ist durch eine starke Beschleunigung gekennzeichnet. Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Entwicklung von Naturwissenschaft und Technik auf die Weitergabe von Information von einer Generation zur nächsten beruht, welche dann auf diesen Errungenschaften aufbauen kann. Besonders augenfällig ist dies seit der Industriellen Revolution, welche einen enormen Innovationsschub in allen Bereichen der Technik auslöste. Das Bevölkerungswachstum hat sich ebenfalls während der letzten 200 Jahre stark beschleunigt. Dies ist auf die technisch-zivilisatorische Entwicklung im Gefolge der Industriellen Revolution und die sich daraus ergebenen gesellschaftlichen Veränderungen zurückzuführen. Das Bevölkerungswachstum ist daher direkt mit der zivilisatorischen Entwicklung verknüpft.


Was ist Globaler Wandel ?
Die Variabilität des Erdsystems von seinen Anfängen bis zu Anthropozän

Dies ist ein zweiteiliges Seminar, das sich in erster Linie an Studierende der Biologie in den unteren Semestern richtet. Jede dieser Präsentationen dauert etwa eine Stunde, es ist auch möglich, in einem 1-stündigen Vortrag eine gekürzte Fassung dieses Referates zu präsentieren.


Teil I:
„Die Entstehung eines lebensfreundlichen Planeten”


Sowohl innerhalb unserer Galaxis als auch innerhalb des Sonnensystems gibt es nur relativ begrenzte ”bewohnbaren Bereiche”, in welchen die für die Entstehung und Entwicklung von Leben erforderlichen Vorbedingungen gegeben sind: Im Zentralbereich der Milchstraße kommt es zu häufigen Kollisionen von Asteroiden und die Intensität kosmischer Strahlung ist hoch. In den aus alten Sternhaufen bestehenden peripheren Bereichen wiederum ist der Anteil der schwereren Elemente, die während der Frühzeit des Kosmos in massiven Sternen und Supernovae synthetisiert worden sind, zu gering. Innerhalb des Sonnensystems ist die bewohnbare Zone in erster Linie durch das Vorhandensein von flüssigem Wasser definiert. Dieses ist eine essentielle Voraussetzung für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Leben. Auf der Venus gibt es kein Wasser, da infolge der stärkeren Sonneneinstrahlung das Wassermolekül in seine Bestandteile gespalten wird (Photolyse). Auf dem Mars hingegen herrschen zu tiefe Temperaturen vor, um flüssiges Wasser zu ermöglichen. Infolge der geringen Gravitation des Mars ist seine Atmosphäre fast vollständig in das Weltall entwichen und es herrscht eine Durchschnittstemperatur von –60°C. Auch die Erde verdankt das Vorhandensein von flüssigem Wasser lediglich dem atmosphärischen Treibhauseffekt (vor allem durch Wasserdampf), welcher die durchschnittliche Oberflächentemperatur auf der Erde von einer Strahlungs- Gleichgewichtstemperatur von –18°C auf eine mittlere Temperatur von +15°C anhebt.
Die Evolution des Lebens auf der Erde ist durch eine Abfolge von wichtigen Teilschritten gekennzeichnet: (1) Die prägbiologische chemische Evolution der Vorstufen des Lebendigen, (2) die biochemische Evolution der verschiedenen Stoffwechselwege, (3) die zelluläre Evolution der Drei Reiche der Natur und (4) die morphologische Evolution der mehrzelligen Pflanzen und Tiere. Entscheidende Wendepunkte in der Erdgeschichte waren die Freisetzung von molekularem Sauerstoff in die Atmosphäre durch photosynthetische Organismen vor etwa 2 Milliarden Jahren sowie die Eroberung des Landes durch Pflanzen und Tiere aus dem Meer vor etwa 400-500 Millionen Jahren. Die Entwicklung der ersten Formen von Leben war wahrscheinlich nur unter sauerstoff-freien Bedingungen möglich, da die erforderlichen Makromoleküle sonst nicht beständig gewesen wären. Die Entwicklung von komplex organisierten mehrzelligen Organismen hingegen ist nur in Anwesenheit von Sauerstoff möglich gewesen, weil durch anaerobe Prozesse nicht ausreichend Energie für mehrzellige Organismen verfügbar gewesen wäre. Die Eroberung des Landes durch Pflanzen und Tiere wiederum wurde erst möglich, nachdem sich in der Stratosphäre eine ausreichend mächtige Ozonschicht gebildet hatte, welche die Intensität der lebensfeindlichen solaren Ultraviolettstrahlung stark herabsetzte.
Die wichtigsten Hypothesen des Vortrags sind: (1) Die Entstehung belebter Strukturen auf der Erde war, statistisch betrachtet, extrem unwahrscheinlich und von vielen Randbedingungen abhängig. (2) Organismen haben ihre eigene Umwelt entscheidend mitgestaltet. (3) Die Evolution ist durch einen diskontinuierlichen Ablauf gekennzeichnet.

Teil II:

Intelligentes Leben: Ein zweifelhafter Segen für den Planeten Erde?

Zunächst werden die wichtigsten Massen-Extinktionen im Verlaufe der Erdgeschichte sowie ihre vermutlichen Ursachen und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung des Lebens behandelt. Wichtigste Auslöser von Massen-Extinktionen sind: (1) Vereisungen, begleitet von einem drastischen Absinken des Meeresspiegels: Dadurch gingen zahlreiche Lebensräume sowohl im Ozean (Flachwasser) als auch auf dem Festland (Polarregionen, Gebirge) verloren. (2) Vulkanische Deckenergüsse: Dadurch kam es zunächst zu einer weltweiten Trübung der Atmosphäre und in der Folge zu einer drastischen Abkühlung, gefolgt von einem starken Treibhauseffekt durch die Freisetzung von Treibhausgasen. (3) Asteroiden- oder Kometeneinschläge: Neben den unmittelbaren Auswirkungen des Kollisionsereignisses sind die Auswirkungen auf das Klima ähnlich wie jene massiver Vulkaneruptionen. Während aber die Auswirkungen vulkanischer Deckenergüsse einige zehntausend Jahre anhalten, wirken sich Astroidenaufschläge nur während kurzer Zeiträume von einigen Jahren aus. Zahlreiche Extinktionsereignisse während der Erdgeschichte können zeitlich mit vulkanischen Deckenergüssen korreliert werden. Hingegen läßt sich ausschließlich die Massenauslöschung vor 65 Mio. Jahren mit Sicherheit, neben dem Dekkan-Deckenerguß auch einer Asteroidenkollision auf der Halbinsel Yucatán zuordnen. Das Zusammentreffen beider Ereignisse gibt er Wissenschaft große Rätsel auf. Massenextinktionen während der geologischen Vergangenheit haben der Evolution der Organismen entscheidende Impulse gegeben.
Nach einer kurzen Beschreibung der Änderungen der Umweltbedingungen während der Erdneuzeit (vor allen der globalen Abkühlung im Tertiär und nachfolgende Vereisung im Quartär) werden die Einflüsse des Menschen auf die globale Umwelt beschrieben. Der Vortrag basiert auf den folgenden Hypothesen: (1) Infolge seiner intellektuellen Fähigkeiten hat der Mensch sein ökologisches Toleranzspektrum sehr wesentlich erweitert. Er wurde dadurch befähigt, praktisch alle Klimazonen der Erde mit Ausnahme der Polarregionen zu besiedeln. (2) Diese Expansion unserer eigenen Spezies war vor allen durch zwei Errungenschaften möglich: (a) Die Ertragsteigerung von Landflächen durch gezielte Bewirtschaftung und Züchtung von Nutzpflanzen und Haustieren zu Beginn der Jungsteinzeit vor ca. 7.000 Jahren, sowie (b) die Nutzung externer Energiequellen, vor allem fossiler Energieträger um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Diese Errungenschaft markiert den Beginn der Industriellen Revolution, welche die Technisierung unserer Welt ermöglichte und eine drastische Beschleunigung des Wachstums der Weltbevölkerung zur Folge hatte. (3) Durch die Freisetzung von atmosphärischen Spurengasen (vor allen Kohlendioxyd und Methan) sowie durch die Synthese von künstlichen Düngern (besonders von Ammoniak aus Luftstickstoff) wurden das globale Klima, und die globalen biogeochemischen Stoffkreisläufe stark verändert. Aus allen diesen Gründen hat der Nobelpreisträger Paul Crutzen vorgeschlagen, unsere gegenwärtige Periode als neues geologisches Zeitalter, das Anthropozän zu definieren.

 

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